Digitale Transformation heisst Manager auswechseln.

Digitale Transformation heisst Manager auswechseln.

Fire Works. Natürlich ist das Management das Problem. Also müssen wir es auswechseln.

Digital heisst Change Management tatsächlich Management Change. Und wissen Sie was? Feuern Sie sich gleich selbst und geben Sie Ihrer Unternehmung die Chance, sich unabhängig von Ihnen und Ihren vorgefassten Meinungen zu verändern. Natürlich im übertragenen Sinn (falls Sie genügend souverän gegenüber sich selbst sind).

Roland Voser, 18. November 2018

Prolog.

Die digitale Transformation wird zweifellos Furchen durch die Gesellschaft ziehen, wie sie unsere Nachkriegsgenerationen wohl noch nie erlebt haben. Wir jammern immer noch auf hohem Niveau, aber trotzdem. Nicht, dass wir in der Vergangenheit von anderem Denkwürdigem, Einschneidendem, Schwierigem verschont geblieben wären.

Ich will davon berichten, weil es gerade heute speziell bemerkenswert ist.

Es beginnt damit, dass IBM (International Business Machines Corporation) unangefochten die damalige Computerwelt der 80iger-Jahre beherrschte. „Big Blue“ dominierte zu dieser Zeit die Hardware aller namhaften Firmen.

Die Wahl von IBM war nie falsch, dementsprechend oft wurde sie auch so getroffen. Die zentralisierte Mainframe-Welt war für die IT-Verantwortlichen und ihren Hoflieferanten bestens in Ordnung. Dritte, die am geschlossenen Ökosystem partizipieren konnten, wurden erkoren, durften sich glücklich schätzen und richtig toll mitverdienen.

Ich arbeitete damals bei NCR (National Cash Register Corporation). In der Schweiz wohl die gefühlte Nummer 3 nach IBM und DEC (Digital Equipment Corporation).

Es zeichneten sich Veränderungen ab: Die proprietären Zentralssysteme bekamen immer öfters die Flexibilität neuer offener Systeme zu spüren. Zuerst nur unbedeutend, aber je länger, desto unausweichlicher: Unix und Windows hiessen die neuen offenen Betriebssysteme, die auch eine neue Generation von verteilten Transaktionsprozessoren, relationalen Datenbanken und hochverfügbaren Anwendungsprogrammen hervorbrachten, die – jetzt kommt’s – neue Prozesse und damit neue Geschäftsmodelle ermöglichten.

IT wurde zu einem wahren „Business Enabler“, Client-Server-Architekturen hielten Einzug, und das Ende kennen wir: IBM verkauft heute keine Computer mehr. Lösungen und Dienstleistungen sind vielmehr ihre Domäne.

Eine tatsächlich disruptive Veränderung war das also schon damals. Zwar vielleicht nur isoliert in der IT-Welt, aber zumindest dort und auch bei den „zugewandten Orten“ blieb kein Stein auf dem anderen. Die goldenen Jahre von Big Blue wurden letztlich radikal abgelöst, Firmenübernahmen folgten und die Veränderungen fegten durch die Management-Etagen.

NCR belegte in ihrer besten Blüte quasi den ganzen Tower vom Glattzentrum, vielleicht 2’000 Mitarbeiter arbeiteten in der Schweiz für die Firma. Stolz leuchtete das Logo über das Glatttal. Zuoberst im 10. Stock war das Zentrum der Macht ansässig. Die Meetings im „Rittersaal“, dem Boardroom der Company, waren legendär. Die Partys des Managements mit der ganzen Sales Staff auch.

In dieser Zeit des Wandels war es, als sich AT&T (American Telephone and Telegraph Company) dachte, dass sich Telekommunikation und Computertechnik gut ergänzen würden und fand dafür NCR passend, die sie folglich übernahm.

Deswegen lief das Geschäft nicht besser. Der Clash der Kulturen war bemerkenswert. Reorganisationen unausweichlich. Das Geschäftsmodell blieb im Grunde unverändert.

Die Geschichte.

Damals, in den frühen 90igern, hatten die Vordenker „Change Management does not mean Management Change“ postuliert - Veränderungsmanagement heisst nicht Führungswechsel.

Als knapp über 30ig-Jähriger erlebte ich es hautnah mit, wie AT&T/NCR damals das ganze Top-Kader de facto feuerte und sich jede(r) MitarbeiterIn auf die vielleicht 10 Top-Positionen der Unternehmensleitung der Schweizer Niederlassung bewerben konnte.

Ich peilte mit jugendlicher Unbeschwertheit nicht weniger als die Professional Services Coach-Position an. Die Führungsspanne war mit rund 100 Top-Software-/Hardware-Spezialisten bemerkenswert und für einen Youngster wie mich ziemlich hoch gegriffen.

Damals hiessen die Chefs noch Coach und die Organigramme wurden umgekehrt dargestellt: Die Chefs wurden unten gezeichnet und die Mitarbeiter oben; sie sollten das Wichtigste sein. Sie standen also zumindest auf den Organigrammen für einmal ihren Vorgesetzten auf den Köpfen herum.

In den folgenden Assessments lief ich mit der Leichtigkeit eines Twens in Konkurrenz zu gestandenen Managern in ihren Fünfzigern zu bemerkenswerter Hochform auf: Meine erreichten Punktzahlen waren hoch, ich war neugierig, sah das Ganze spielerisch und fühlte mich sicher.

Rückblickend waren die Szenen jedoch brutal: Das Team aus Kandidaten erhielt eine Aufgabe. Das alte Alpha-Tier riss die Initiative an sich und musste feststellen, dass seine alten Rezepte gnadenlos versagten: Warum sollten sich die anderen ihm auch unterordnen, wenn plötzlich alle mit denselben Mitteln ausgestattet am Start waren?

Wie auch immer. Ich wünsche diese Form des Konkurrenztests niemandem. Der Begriff „Assessment“ jagt mir heute zumindest noch leichte Schauer über den Rücken, obwohl ich nie mehr annähernd Gleichartiges erlebt habe.

Nun, ich Unerfahrener habe den Job natürlich nicht gekriegt: Ich erinnere mich aber noch heute ehrfürchtig an das glasklare, supersouverän begründete Verdikt des Jury-Vorsitzenden, dem damaligen UK-Country Coach. Ein wahrer Sir. Aber er hat meine Karriere mit der richtigen Assistentenposition beim Vertriebschef trotzdem gezündet.

Epilog.

Wieso ich das erzähle?

Weil heute in der digitalen Transformation Change Management disruptiv in letzter Konsequenz tatsächlich Management Change bedeutet. Weil die Veränderung von Haltung, Kultur & Handeln ohne Führungswechsel erfahrungsgemäss zuwenig stattfinden kann.

Wieso sollen gerade Menschen, die über Jahre in einem System gelebt haben, das sie selbst bestimmt haben und ihnen Profit und Wohlstand beschert hat, nun dieses erfolgreich reformieren können? Dieser Widerspruch ist de facto nicht aufzulösen.

Denn es wäre eine grundlegende Einstellungsänderung erforderlich. Ein Kulturwandel. Ein Führungswandel. Ein Hirarchiewandel. Eine existentielle Frage gerade für das Top-Management und Führungskräfte an sich. Ein substantielles sich selbst in Frage und zur Disposition stellen. Es geht um eine radikale Veränderung der eigenen Haltung.

Gibt es sie, diese Manager, die sich selbst in letzter Konsequenz aus dem Rennen nehmen, damit der neue Sieg für das Team, für die ganze Unternehmung wieder möglich wird?

Sie sind bekannt, diese Not-Want-Change-Indikatoren des Managements. Wie oft sind "geht nicht", "haben wir schon probiert", "funktioniert nicht", "passt jetzt nicht", "weil ich es so will" von Top-Führungskräften zu hören? Zwar manchmal irgendwie gut und stichhaltig begründet, aber gleichzeitig die bitter notwendige Weiterentwicklung be- und verhindernd. Diese Signale sind Ausdruck fehlender Veränderungsbereitschaft. Von Nichtwollens und Nichtkönnens.

Wenn sich das Management schlüssig verändert, dann folgt der Rest automatisch.

Für Führungskräfte, die der digitalen Transformationen nicht gewachsen sind und sie nicht verstehen können, muss eine neue Zukunft gefunden werden. Es ist für das Unternehmen schlicht von existentieller und vitaler Bedeutung. Insbesondere weil es heute im Vergleich zu früher unberechenbar-sprunghafter, super-schneller und wirksam-griffiger gehen muss: Es muss jetzt einfach auf Anhieb sitzen.

Und - das alles hat rein gar nichts mit dem physischen Alter der betroffenen Führungskräfte zu tun. Sondern mit dem geistigen Alter, der Haltung.

Egal, ob damals in den 80igern oder heute angesichts der digitalen Transformation – seid willkommen zur grossen Reise disruptiver Veränderungen!

Feuern Sie sich, bevor es zu spät ist.

 

P.S. Jahre später habe ich dank der Terminal-App vom MacOS festgestellt, dass das unterliegende Betriebssystem der Apple-Computer offenbar tatsächlich Unix ist. So sieht man sich also wieder.

P.P.S. Eine durchaus angenehme Reise durch die Schweiz findet man auf der Grand Tour.

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smartmyway unterwegs.

(c) 2018: Feuerwerk am 1. August 2017, Lugano, Kanton Tessin, Schweiz. Foto: Maurizio Vogrig

 

Seit 2018 Chief Editor, Mitbegründer, Verwaltungsrat und Teilhaber von smartmyway, Autor, Coach, Mentor und Berater. Vorher als Geschäftsführer von Media Markt E-Commerce AG, Media Markt Basel AG, Microspot AG sowie in den Geschäftsleitungen von Interdiscount AG und NCR (Schweiz) AG tätig.

Experte für Digitalisierung, Digital-Business, Handel, Sales & Marketing, E-Commerce, Strategie, Geschäftsentwicklung, Transformationen, Turn Around, Innovation, Coaching, erneuerbare Energien, Medien, Professional Services, Category Management, Supply Chain Management