Keine neuen Schlossherren braucht das Land.

Ein umfassendes Paket von Abkommen zur Festigung, Vertiefung und Erweiterung der bilateralen Beziehungen der EU zur Schweizerischen Eidgenossenschaft liegt jetzt auf dem Tisch. Es bildet die Grundlage für eine folgenschwere Entscheidung der Schweiz, die es ernsthaft auszuloten gilt.

Endlich sind sie da, und die unnötige Geheimniskrämerei der BundesräteInnen Amherd und Cassis hat ein Ende: Der Vertragstext zur Konsolidierung, Vertiefung und Erweiterung der bilateralen Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz liegt vor. Am 13. Juni 2025 hat die Europäische Kommission den Wortlaut veröffentlicht. Notabene einige Stunden vor dem Schweizer Bundesrat.

Wir schauen uns dieses Vertragswerk aus der Quelle der EU, das Paket Schweiz-EU, bestehend aus Hauptteil und 13 Anhängen näher an. Mit einer Deutschübersetzung des Hauptdokuments, das im Original nur in englischer Sprache vorliegt. Die anderen Texte sind die Originaltexte der EU. Sinnvollerweise orientieren wir uns an der Version der Gegenpartei, denn das Verständnis der stärkeren Seite wird die folgende Umsetzung massgebend beeinflussen und die spätere Handhabung prägen. Erst in zweiter Linie gilt unser Blick den äussert umfangreichen Dokumentationen der Schweizer Seite, die praktisch nicht mehr überblickbar sind. Wir werden diese Informationsflut wahrscheinlich nur punktuell zu Rate ziehen, wenn die EU-Dokumente unklar oder folgenschwere Fragen zu klären sind. Dies insbesondere, weil Bundesrat Jans verlauten liess, dass die Schweiz einseitige Schutzmassnahmen einzuleiten gedenkt und sich damit offenbar nicht konsequent an dieses Paket halten will. Diese Haltung ist unschweizerisch und verursacht bei uns Kopfschütteln.

Daher geht es darum, dass sich die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger selbst ein Gesamtbild machen müssen - ohne sich ausschliesslich auf die Einschätzung von Behörden, Politikern und weiteren Dritten verlassen zu müssen. Dieser Artikel ist quasi ein Einstieg dazu. Unsere Lesart haben wir in drei Arbeitshypothesen definiert. Unsere 1. Arbeitshypothese lautet: Wir finden, dass die Schweiz keine neuen Schlossherren braucht und fremde Richter schon gar nicht, weil diese entscheidende Veränderung für die Schweiz höchst wahrscheinlich und langfristig eine Nivellierung von Wohlstand, sozialem Frieden und Prosperität nach unten bedeutet. Wir rechnen also insgesamt mit einer Verschlechterung des Status Quo. Nicht mit einer Verbesserung. Wir glauben, dass dies die richtige Einstellung ist, dieses für die Schweiz einseitig existentielle Vertragswerk kritisch und vorsichtig unter die Lupe zu nehmen. Möglicherweise werden wir trotzdem tiefer einsteigen müssen, denn offenbar sind 30 Schweizer Gesetzesänderungen tangiert und in der Vernehmlassung auseinandergesetzt.

Wir nehmen als 2. Arbeitshypothese an, dass es im Kern in diesem Paket darum geht, die direkte Demokratie der Schweiz EU-kompatibel zu machen und die Schweiz aus ihrer privilegierten Lage der bilateralen Position wieder an ihren Platz als assoziierter Drittstaat der EU zu verweisen. Dieses Ziel wird möglicherweise unter Opferung entscheidender Standort- und Systemvorteile der Schweiz erreicht, denn die Schweiz ist leistungsfähiger als jedes EU-Land. Ihr Wohlstand in der Breite über alle Bürgerinnen und Bürger ist wohl der höchste der Welt. Es wäre also eher angebracht, dass sich die EU an die Schweiz angleicht und ihre Erfolgsrezepte übernimmt - nicht umgekehrt. Wieso das so ist und was der Preis dafür ist, gilt es sorgfältig zu hinterfragen. Auf Schweizer Seite erhoffen sich ferner zweifellos viele Leute und Gruppierungen für sich und/oder ihre Klientel Vorteile, die langfristig nicht zwingend im Interesse einer starken, unabhängigen und freiheitlichen Schweiz sind. Vorteile, die eine positive und konstruktive Weiterentwicklung einer humanen Schweizer Gesellschaft be- oder gar verhindern. Die Planwirtschaft des gescheiterten Kommunismus/Sozialismus ist der EU-Bürokratie näher, als diese es einer liberalen und sozialen Schweizer Marktwirtschaft je war. Das wäre die 3. Arbeitshypothese.

Gern lassen wir uns überraschen und lesen also zuerst, was wirklich in den wohl 1800 Seiten Vertragstext steht, bevor wir eine zu harte Beurteilung abgeben und unsere Arbeitshypothesen untermauern oder aufgeben müssen. Es ist auf jeden Fall unser Plan, an der nun gestarteten Vernehmlassung aktiv teilzunehmen und unseren Standpunkt unmissverständlich und fundiert einzubringen. Wer soll es denn diesmal tun, wenn nicht wir selbst? Es ist schlicht die verdammte Bürgerpflicht jedes Schweizer Bürgers und jeder Schweizer Bürgerin, angesichts der für die Schweiz existentiellen Bedeutung seine bzw. ihre demokratischen Rechte und Pflichten bereits jetzt und nicht erst an der Urne wahrzunehmen, denn wir haben alle von der Schweiz profitiert, so wie sie jetzt ist und in einem Umfang, wie das weltweit kein Bürger von seinem Staat behaupten kann.

Roland Voser, 13. Juni 2025

Übersicht der Informationslage.

Wichtigste Quellen mit Links.

Dokumente des Abkommens EU vom 13.6.2025.

  1. Übersicht Original, Übersetzung

  2. Entwurf Ratsentscheid Original, Übersetzung

  3. Finanzielle Zuordnungen und Auswirkungen Original, Übersetzung

  4. Annex 1: Freizügigkeit Original, Übersetzung

  5. Annex 2: Luftverkehr Original, Übersetzung

  6. Annex 3: Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse Original, Übersetzung

  7. Annex 4: Gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen Original, Übersetzung

  8. Annex 5: Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen Original, Übersetzung

  9. Annex 6: Elektrizität Original, Übersetzung

  10. Annex 7: Gesundheit Original, Übersetzung

  11. Annex 8: Regelmässigen finanziellen Beitrag der Schweiz zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der EU Original, Übersetzung

  12. Annex 9: Die Teilnahme der Schweiz an den EU-Programmen Original, Übersetzung

  13. Annex 10: Beteiligung der Schweiz an der Agentur der EU für das Weltraumprogramm Original, Übersetzung

  14. Annex 11: Parlamentarische Zusammenarbeit Original, Übersetzung

  15. Annex 12: Einrichtung eines hochrangigen Dialogs über das umfassende bilaterale Paket und die mögliche Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz Original, Übersetzung

  16. Annex 13: Abschluss eines umfassenden Pakets von Abkommen zur Konsolidierung, Vertiefung und Erweiterung der bilateralen Beziehungen zur Schweiz Original, Übersetzung

Information zur Vernehmlassung der Schweiz.

Vernehmlassung 2025/47

Paket «Stabilisierung und Weiterentwicklung der Beziehungen Schweiz–EU»

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Seit 2018 Chief Editor, Mitbegründer, Verwaltungsrat und Teilhaber von smartmyway, Autor, Coach, Mentor und Berater. Vorher als Geschäftsführer von Media Markt E-Commerce AG, Media Markt Basel AG, Microspot AG sowie in den Geschäftsleitungen von Interdiscount AG und NCR (Schweiz) AG tätig. Heute Digital Business Coach und Schreiberling.

Experte für Digitalisierung, Agile SW-Entwicklung, Digital-Business, Handel, Sales & Marketing, E-Commerce, Strategie, Geschäftsentwicklung, Transformationen, Turn Around, Innovation, Coaching, erneuerbare Energien, Medien, Professional Services, Category Management, Supply Chain Management