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LESEHILFE ZUR INSTITUTIONELLEN ANBINDUNG AUF DER GRUNDLAGE DER ERLÄUTERUNG DES EDA ANLÄSSLICH DER VERNEHMLASSUNG DES BUNDESRATES ZUM PAKET SCHWEIZ-EU.

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A. EINSTIEG.

Was haben Sie vor sich?

  1. Auf dieser Seite fassen wir die aus unserer Sicht relevanten Dokumente des Bundesrates aus der Vernehmlassung mit Bezug zur institutionellen Anbindung zusammen. Wir ergänzen sie mit unserem sachlichen Kommentar und eine Bewertung vorzunehmen. Jeweils zu Beginn ist das Fazit zum jeweiligen Dokument zu finden.

  2. Die Dokumente finden Sie jeweils auch in einer regelmässig wiederholten Navigationszeile. D-1 bedeutet Dokument Nummer 1, der hinterlegte Link verweist auf das Dokument auf dieser Seite. Die Dokumente sind im Originalwortlaut und herunterladbar verfügbar. Die massgebende Version ist jeweils die offizielle Version des Bundesrates und auf Vernehmlassungs-Website zu finden (Link).

  3. Die Lesehilfe ordnet die offiziellen Dokumente aus redaktioneller Sicht ein. Sie ergänzt die Texte des EDA um Struktur und Kontext, damit sich Leserinnen und Leser einfacher orientieren können.

C. DOKUMENTE.

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1. Übersicht EU-Gesetzgebungsakte Paket Schweiz-EU

Dokument (Link), Total 21 Seiten wovon 2.5 Seiten Überblick

Fazit

Für die Beurteilung des Pakets bietet das Dokument eine unvollständige Auflistung dessen, was übernommen werden soll, und nutzt zusätzliche Begriffe wie Integration, Äquivalenz, Stabilisierung und Weiterentwicklung. Dabei wird kein eindeutiger und vollständiger Bezug zu den 13 Abkommen hergestellt, die ihrerseits zum Original teils anders benannt sind (Beispiel Strom anstelle Elektrizität). Dies erschwert eine vollständige Nachvollziehbarkeit des Paketinhalts. Es zeigt nicht die inhaltlichen und aufwandsmässigen Folgen für die Schweiz. Was hingegen klar wird und im Wortlaut festgehalten ist, dass mit der Integrationsmethode EU-Recht ohne Übersetzung direkt auf Schweizer Hoheitsgebiet gültig wird. Welche konkreten Wirkungen sich daraus für die schweizerische Rechtsordnung ergeben, bleibt offen.

Zusammenfassung

Was ist der Umfang der Rechtsübernahme (EU-Gesetzgebungsakte, EU-Rechtsakte)?

Das EDA als Absenderin dieses Dokument erwähnt 95 EU-Gesetzgebungsakte, die übernommen werden sollen und für die Schweiz wichtig sind. Es sind jedoch mehr, diese sollen aber «nicht wesentliche» Bestimmungen beinhalten oder weniger wichtig sein. Offen ist, wieviele Gesetze und Verordnungen nun tatsächlich übernommen werden müssen und was das aufwandsmässig bedeutet (Stichwort Tertiärrecht). Die bestehenden Abkommen beziehen sich bereits auf EU-Gesetzgebungsakte. Das EDA führt in seiner Übersicht ebenfalls EU-Gesetzgebungsakte auf, die bestehende EU-Gesetzgebungsakte ändern.In den Abkommen enthaltene neue EU-Gesetzgebungsakte werden in ihrer letzten für die Schweiz relevanten Form aufgeführt. Es gibt offenbar für die Schweiz Ausnahmen, wo EU-Gesetzgebungsakte nicht oder nur teilweise übernommen werden müssen. Welche es sind, bleibt unklar.

Wie wird das EU-Recht übernommen?

Es gibt unterschiedliche Modalitäten zur Rechtsübernahme: Die Integrations- und die Äquivalenzansatz. Abschnitt 7 im Wortlaut:

  • «So sehen gewisse Abkommen (FZA, Luftverkehrsabkommen (Fussnote 6), Lebensmittelsicherheitsprotokoll, Anhänge I und VI StromA, Gesundheitsabkommen) vor, dass die EU-Gesetzgebungsakte durch ihre Integration in das jeweilige Abkommen Teil der schweizerischen Rechtsordnungen werden (sog. Integrationsmethode).»

  • «Andere Abkommen beruhen auf einem Äquivalenzansatz (MRA7, Landverkehrsabkommen (Fussnote 8), die Beihilfeüberwachung, Anhang V StromA [Umweltrecht]). Bei diesem Ansatz wendet die Schweiz die in den Abkommen integrierten EU-Gesetzgebungsakte nicht direkt an, sondern erlässt schweizerisches Recht, welches mit den jeweiligen EU-Gesetzgebungsakten äquivalent ist.»

Welche EU-Gesetzgebungsakte werden übernommen?

Es folgt eine Übersicht aller EU-Gesetzgebungsakten, die den im Überblick erwähnten Kriterien entsprechen. Dabei wird zwischen einem Stabilisierungsteil und einem Weiterentwicklungsteil unterschieden. Dies ist nicht zu verwechseln mit der Integrationsmethode oder dem Äquivalenzansatz, beide Teile können beide Methoden beinhalten. Ebenfalls sind die Strukturen der Verhandlungsgruppen nicht mit den 13 Abkommen deckungsgleich.

  • Der Stabilisierungsteil umfasst die Verhandlungsgruppen: Institutionelle Elemente, Staatliche Beihilfen, PFZ-Zuwanderung, PFZ-Lohnschutz, Landverkehr, MRA, Luftverkehr, Landwirtschaft, Programme, Weltraum, Beitrag.

  • Der Weiterentwicklungsteil umfasst die Verhandlungsgruppen: Lebensmittelsicherheit, Strom, Gesundheit.

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2. Erläuternder Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens

Dokument (Link), Total 931 Seiten wovon 2.5 Seiten Überblick

Fazit

Der erläuternde Bericht hebt die strategische Bedeutung stabiler Beziehungen zur EU hervor und stellt den bilateralen Weg als pragmatische, bewährte Lösung dar. Mit dem Paket Schweiz-EU soll die Schweiz gezielt in Kernbereichen am Binnenmarkt partizipieren und durch politische Begleitmassnahmen bei der Anpassung unterstützt werden. Die formale Mitwirkung von Parlament, Kantonen, Volk und Interessengruppen wird durchgängig und unkritisch versichert, dass verfassungsmässige Kompetenzen und politische Mitwirkungsrechte erhalten bleiben. Dies wird nicht durch belastbare Fakten oder erkennbare Diskussion möglicher Spannungsfelder belegt. Es ist unübersehbar, dass der Bundesrat das Paket Schweiz-EU vorbehaltslos unterstützt und zur Annahme empfiehlt.

Der Bundesrat würdigt somit den bilaterale Weg als bewährte und strategisch richtige Option, da er der Schweiz Zugang zum Binnenmarkt ermögliche, ohne eine volle Mitgliedschaft in der EU. Die Verhandlungen hätten laut Bundesrat zentrale innenpolitische Anforderungen erfüllt, beispielsweise in Bezug auf staatliche Beihilfen, Lohnschutz und institutionelle Elemente. Als Erfolgsfaktoren nennt der Bericht: Den Paketansatz, der politische Ausgewogenheit schaffen soll, die breite innenpolitische Abstützung (auch mit Kantonen und Sozialpartnern) und die Transparenz des Verhandlungsprozesses. Der Bericht betont, dass das Verhandlungsmandat erfüllt sei. Die Schweizer Interessen seien angemessen berücksichtigt, etwa durch Absicherungen bei der Rechtsübernahme oder in der Gestaltung von Ausnahmen. Ausserdem habe die Schweiz im Inland Begleitmassnahmen beschlossen, um die Auswirkungen zu flanken (etwa in der Bildung oder bei Strukturhilfen). Der Bundesrat betont zudem, dass das Paket die langfristige Teilnahme der Schweiz am Binnenmarkt sichere und damit Investitionen, Planungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit fördere.

Der erläuternde Bericht umfasst 931 Seiten, wobei die zentrale „Ausgangslage & Erläuterung“ auf rund zweieinhalb Seiten beschränkt ist. Es ist davon auszugehen, dass die Mehrheit ausschliesslich diesen Teil lesen wird und höchstens bei gezielten Fragen der Rest konsultiert wird. Alleine das Inhaltsverzeichnis umfasst schon 24 Seiten.

Zusammenfassung

Was ist der Standpunkt?

Die EU ist mir 59% am Warenhandel die mit Abstand wichtigste Handelspartnerin der Schweiz. Stabile Beziehungen mit der EU sind für die Schweiz aufgrund der instabilen Weltlage von strategischer Bedeutung. Der bilaterale Weg sei die beste Option neben Nichtstun, Freihandel, Beitritt zum EWR, Beitritt zur EU in der Abwägung zwischen wirtschaftlichem Nutzen und politischem Gestaltungsspielraum. Er habe sich seit 25 Jahren bewährt und wurde mehrfach vom Volk bestätigt. Es sollen jene Bereiche weiterentwickelt werden, die im Schweizer Interesse liegen.

Was ist die Paketstruktur?

Zitat aus dem Inhalt der Vorlage: «Konkret umfasst das Paket Schweiz-EU einen Stabilisierungsteil mit

  • (i) der sektoriellen Verankerung von institutionellen Elementen in den bestehenden Binnenmarktabkommen Personenfreizügigkeit, technische Handelshemmnisse (MRA), Land- und Luftverkehr unter Berücksichtigung von Ausnahmen, Absicherungen und Prinzipien,

  • (ii) der Aufnahme von Bestimmungen über staatliche Beihilfen in die bestehenden Land- und Luftverkehrsabkommen,

  • (iii) weiteren Anpassungen der bestehenden Abkommen (Personenfreizügigkeit, technische Handelshemmnisse (MRA), Land- und Luftverkehr sowie Landwirtschaft),

  • (iv) Kooperationsabkommen in den Bereichen Forschung, Bildung und Weltraum sowie

  • (v) der Verstetigung des Schweizer Beitrags.

Ein Weiterentwicklungsteil widerspiegelt die Schweizer Interessen an einem gezielten Ausbau der bilateralen Beziehungen mit der EU. Er umfasst:

  • (i) neue Binnenmarktabkommen in den Bereichen Strom (inkl. institutionelle Elemente und staatliche Beihilfen) und Lebensmittelsicherheit (inkl. institutionelle Elemente) sowie

  • (ii) ein neues Kooperationsabkommen im Bereich Gesundheit.

Die Schweiz und die EU streben zudem nach einem regelmässigen politischen Austausch in unterschiedlichen Bereichen. Folglich wurden

(i) ein hochrangiger Dialog und

(ii) eine institutionalisierte parlamentarische Zusammenarbeit beschlossen.

In einer gemeinsamen Erklärung wurden Übergangsregeln für die Phase ab Ende 2024 bis zum Inkrafttreten des Pakets festgelegt.»

Was sind die Quellenzitate der Pro-Argumentation mit institutionellem Bezug?

  • Aus der Ausgangslage: «Die Schweiz kann aufgrund der mit der EU abgeschlossenen Binnenmarkt- und Kooperationsabkommen gezielt an denjenigen Bereichen teilhaben, die ihren Kernanliegen dienen, ohne dass die Kompetenzen der Kantone, der Bundesversammlung, des Bundesrates, der Gerichte oder des Volkes eingeschränkt werden. Mit den ausgehandelten Mitwirkungsrechten in der dynamischen Rechtsübernahme für Bund, Kantone und Parlament wird sie sich in Zukunft ausserdem bei der Weiterentwicklung des Rechts, das Teil der Abkommen ist und sein wird, einbringen können.»

  • Aus dem Teil Inhalt der Vorlage: «Die vorliegenden Abkommen sichern die verfassungsmässigen Kompetenzen der Kantone, der Bundesversammlung, des Bundesrates, der Gerichte und des Volkes. Die durch die Bundesverfassung garantierten Initiativ- und Referendumsrechte (Art. 136 Abs. 2 BV) sind weiterhin in vollem Umfang gewährleistet. Weder die einzelnen Abkommen noch die darin enthaltenen institutionellen Elemente verhindern, dass eine Volksinitiative lanciert werden kann, die sich gegen die Übernahme einer relevanten Weiterentwicklung des EU-Rechts in das betroffene Abkommen richtet. Ebenso wird gegen eine solche Rechtsübernahme beziehungsweise ein in diesem Zusammenhang erforderliches neues Gesetz oder eine erforderliche Gesetzesanpassung wie bisher das Referendum ergriffen werden können.»

Wie sind die institutionellen Anbindung in den einzelnen Abkommen ausgestaltet?

Annex 1: Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA)

  • Arbeitsmarktzugang, soziale Sicherheit, Missbrauchsbekämpfung

  • Integrationsmethode

  • EuGH entscheidet bei Streitfragen über EU-Gesetzesakte

  • Bei Nichtübernahme erfolgt Eskalation im Gemischen Ausschuss ggf. mit Sanktionen

Annex 2: Luftverkehr (Luftverkehrsabkommen)

  • Marktzugang, Sicherheitsvorschriften, staatliche Beihilfen

  • Integrationsmethode teilweise, Äquivalenzansatz bei Beihilfen

  • EuGH entscheidet bei Streitfragen über EU-Gesetzesakte

  • Bei Nichtübernahme erfolgt Vertragsverletzungsverfahren oder Sanktionen

Annex 3: Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse (Landverkehrsabkommen)

  • Marktregeln, Infrastrukturzugang, Sicherheitsstandards, Beihilfen

  • Äquivalenzansatz

  • EuGH entscheidet bei Streitfragen über EU-Gesetzesakte

  • Bei Nichtübernahme erfolgt Eskalation im Ausschuss oder vor Schiedsgericht

Annex 4: Gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA-Abkommen)

  • Produktzulassung, technische Normen, industrielle Marktöffnung

  • Äquivalenzansatz mit dynamischer Weiterentwicklung

  • EuGH entscheidet bei Auslegungsfragen mit EU-Rechtsbezug

  • Bei Nichtübernahme entfällt Marktzugang, Eskalation im Ausschuss möglich

Annex 5: Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Landwirtschaftsabkommen, Agrarteil)

  • Agrarprodukte, Ursprungsregeln, Qualitätssicherung

  • Äquivalenzansatz

  • Kein Entscheidungsrecht für den EuGH

  • Bei Streitigkeiten Schiedsgericht, keine zwingende Rechtsübernahme

Annex 5: Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Abkommen zur Lebensmittelsicherheit)

  • Lebensmittelsicherheit, Tiergesundheit, Pflanzenschutz, Hygienestandards

  • Integrationsmethode

  • EuGH entscheidet bei Streitfragen über EU-Gesetzesakte

  • Bei Nichtübernahme erfolgt Eskalation im Gemischen Ausschuss ggf. mit Sanktionen

Annex 6: Elektrizität (Stromabkommen)

  • Marktregulierung, Netzbetrieb, Versorgungssicherheit, z. T. Erneuerbare

  • Integrationsmethode, Äquivalenzansatz bei Umweltrecht / Beihilfen

  • EuGH entscheidet bei Streitfragen über EU-Gesetzesakte

  • Bei Nichtübernahme erfolgt Eskalation im Gemischen Ausschuss ggf. mit Sanktionen

Annex 7: Gesundheit (Gesundheitskooperationsabkommen)

  • Krisenvorsorge, Überwachung, Arzneimittelsicherheit, Datenzugang

  • Integrationsmethode teilweise, ergänzend Äquivalenzansätze

  • Unklar, ob der EuGH abschliessend entscheidet

  • Bei Nichtübernahme konsultativer Ausschussdialog, keine automatischen Sanktionen

Annex 8: Regelmässiger finanzieller Beitrag der Schweiz (Kohäsionsbeitrag)

  • Kohäsionszahlungen zur Verringerung wirtschaftlicher Ungleichheiten in der EU

  • Kein Rechtsübernahmemechanismus, politisch-administrative Verpflichtung

  • Keine Rolle für den EuGH

  • Bei Nichtzahlung keine rechtlich definierte Sanktion, aber politische Blockade möglich

Annex 9: Teilnahme der Schweiz an den EU-Programmen (Forschungs- und Bildungszusammenarbeit)

  • Forschung, Bildung, Innovation (z. B. Horizon Europe, Erasmus+)

  • Rechtsübernahme je nach Programmspezifikationen, meist teilnehmend, nicht integrierend

  • EuGH nur indirekt über Programmrecht

  • Bei Nichtübernahme droht Ausschluss von Programmen, kein formeller Sanktionsmechanismus

Annex 10: Beteiligung der Schweiz an der Agentur der EU für das Weltraumprogramm (EUSPA-Abkommen)

  • Raumfahrtinfrastruktur, Navigation, Satellitendaten

  • Vertraglich geregelte Teilnahme ohne dynamische Rechtsübernahme

  • Keine Entscheidungsbefugnis für den EuGH

  • Bei Konflikten Konsultationen, aber kein verpflichtendes Schiedsverfahren vorgesehen

Annex 11: Parlamentarische Zusammenarbeit (Parlamentarischer Dialog Schweiz-EU)

  • Institutionalisierter Austausch zwischen EU- und Schweizer Parlament

  • Kein Rechtsübernahmemechanismus

  • Keine Rolle für den EuGH

  • Keine Sanktionen vorgesehen, politischer Rahmen ohne Rechtsverbindlichkeit

Annex 12: Einrichtung eines hochrangigen Dialogs über die bilateralen Beziehungen (Strategischer Dialog Schweiz-EU)

  • Strategischer Austausch über Paketumsetzung und Weiterentwicklung

  • Kein Rechtsübernahmemechanismus

  • Keine Rolle für den EuGH

  • Bei Meinungsverschiedenheiten konsultativer Austausch, kein Streitbeilegungsverfahren

Annex 13: Abschluss eines umfassenden Pakets (Rahmenerklärung zum Paket Schweiz-EU)

  • Politischer Gesamtzusammenhang und Bestätigung der Paketstruktur

  • Keine konkreten Rechtsübernahmeregelungen, Rahmenfunktion

  • Kein Entscheidungsmechanismus für den EuGH

  • Keine spezifischen Sanktionen, politisch-strategischer Charakter

Was sind die rechtliche Aspekte des Pakets Schweiz-EU zur Inkraftsetzung?

Das Kapitel behandelt die rechtliche Struktur des Pakets, insbesondere die Genehmigungs- und Umsetzungsmechanismen. Es unterscheidet zwischen dem Stabilisierungsteil, der Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen sowie der parlamentarischen Zusammenarbeit. Der Bundesrat begründet das gewählte Vorgehen mit dem verfassungsrechtlichen Prinzip der Einheit der Materie, der gängigen Praxis bei völkerrechtlichen Verträgen und der Übersichtlichkeit für die Stimmberechtigten. Das Kapitel behandelt die rechtliche Einführung des Pakets, nicht aber die institutionellen Wirkungen der Abkommen selbst.

  1. Genehmigungsbeschlüsse: Für alle Abkommen werden Genehmigungsbeschlüsse benötigt. Diese werden gestützt auf Art. 141a BV gefasst und unterliegen unterschiedlichen Referendumsformen.

  2. Stabilisierungsteil: Der Gesamtbeschluss zur Stabilisierung der bilateralen Beziehungen wird gemäss Bundesrat einem obligatorischen Referendum sui generis unterstellt (Ausnahme-Konstruktion), weil er mehrere Abkommen mit wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen umfasst. Die Umsetzungsgesetze sind darin integriert, um dem Prinzip der Einheit der Materie zu entsprechen.

  3. Weiterentwicklungsteil: Die Abkommen zu Strom, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit werden einzeln behandelt. Sie unterstehen jeweils dem fakultativen Referendum, da sie als völkerrechtliche Verträge mit wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen gelten. Auch hier werden Umsetzungsgesetze direkt in die Genehmigungsbeschlüsse integriert.

  4. Parlamentarische Zusammenarbeit: Das Protokoll über die Zusammenarbeit der Parlamente wird nicht dem Referendum unterstellt, da es keine rechtsetzenden Bestimmungen enthält.

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3. Fragenkatalog

Dokument (Link), Total 29 Seiten

Fazit

Mehrere Fragen aus dem offiziellen Fragenkatalog betreffen direkt oder indirekt diesen Mechanismus der dynamischen, völkerrechtlich bindenden Rechtsübernahme und seine Auswirkungen auf die demokratische Steuerungshoheit. Sie werden durchgehend als unkritisch beantwortet und dass der Status Quo der Schweizer Gesetzgebung faktisch nicht verändert werde.

Die Zahl 1800 hat also ihren Ursprung in diesem Dokument. Sie meint den Umfang der Gesetzesvorlage. Welche Teile es genau umfasst, ist unklar.

Zusammenfassung

Welche Fragen haben einen institutionellem Bezug?

  1. Muss die Schweiz EU-Recht automatisch übernehmen?

  2. Werden die schweizerischen direktdemokratischen Mitbestimmungsrechte untergraben?

  3. Kann die EU der Schweiz jederzeit ihre Gesetze aufzwingen?

  4. Werden die staatlichen Beihilfen durch die EU kontrolliert?

  5. Bedeutet die Rolle des EuGH eine Einschränkung der Schweizer Souveränität?

  6. Muss die Schweiz künftig jedes neue Gesetz in der EU übernehmen?

  7. Wieso ist das nicht wie beim EWR?

  8. Wird die Schweiz durch das MRA gezwungen, neue EU-Verordnungen zu übernehmen?

  9. Höhlt die dynamische Rechtsübernahme die direkte Demokratie und die Kompetenzen des Parlaments aus?

  10. Gibt die Schweiz mit der dynamischen Rechtsübernahme ihre Souveränität auf?

  11. Führen die institutionellen Elemente zu einer Anbindung an die EU?

  12. Werden fremde Richter die Schweizer Gesetzgebung bestimmen?

  13. Wird die Schweiz «bestraft», wenn sie eine Übernahme von EU-Recht ablehnt?

  14. Warum ist im Zusammenhang mit den neuen Abkommen von Rechtssicherheit die Rede?

  15. Welche Rolle spielt der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Rahmen der Schutzklausel?

  16. Sind die inländischen Begleitmassnahmen eine Gefahr für den liberalen Arbeitsmarkt?

  17. Die EU hat in den letzten Jahren vieles reguliert. Wird die Schweiz mit dem MRA und den neuen institutionellen Elementen des Pakets gezwungen sein, diese Regulierungen zu übernehmen?

Wie wird die erste Frage (Frage 2 im Fragebogen) exemplarisch beantwortet?

Frage: Muss die Schweiz EU-Recht automatisch übernehmen?

Antwort: Nein. Die Schweiz entscheidet im Rahmen ihrer verfassungsmässigen Verfahren (z. B. Referendum), ob sie neues EU-Recht übernimmt oder nicht. Die dynamische Rechtsübernahme bedingt immer die Zustimmung der Schweiz. Automatisch passiert nichts.

Woher stammt die Zahl 1800?

Frage: Eine Vielzahl von Gesetzen müssen neu geschrieben werden. Die Genehmigungsvorlage umfasst 1800 Seiten. Führt diese starke Regulierung zu einer grösseren Bürokratie?

Antwort: Im Rahmen des Pakets Schweiz-EU sind insgesamt 95 EU-Gesetzgebungsakte für die Schweiz von Bedeutung. In dieser Zahl nicht enthalten sind die EU-Rechtsakte ohne Gesetzescharakter; sie entsprechen dem Verordnungsrecht in der Schweiz. Für die Umsetzung des Pakets wird die Schweiz 3 neue Gesetze erlassen und 32 Gesetze anpassen. Bei 12 Gesetzen sind substantielle Anpassungen notwendig, bei 20 weiteren geringfügige. Der Umfang der Genehmigungsvorlage und die Anzahl der innerstaatlichen Gesetzesanpassungen sagt nichts über das Mass der Bürokratie aus, das mit dem Paket Schweiz- EU allenfalls verbunden ist. Das Paket Schweiz-EU führt in einigen Bereichen zu bürokratischen Erleichterungen für die Schweizer Unternehmen.

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4. Faktenblatt institutionelle Elemente

Dokument (Link), Total 5 Seiten

Zusammenfassung

Die institutionellen Elemente stellen sicher, dass die Abkommen gut funktionieren und im gemeinsamen Binnenmarkt für alle Marktteilnehmenden jederzeit die gleichen Spielregeln gelten.

Die neuen institutionellen Elemente umfassen die dynamische Rechtsübernahme, die einheitliche Auslegung der Abkommen, deren Überwachung sowie die Streitbeilegung im Fall von Uneinigkeiten zwischen der Schweiz und der EU. Diese sind nun in den Abkommen geregelt, nach dem die zentrale Variante im Rahmenabkommen 2021 abgelehnt wurde.

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