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Ergebnisse aus der Vernehmlassung vom 13. Juni 2025 des Pakets Schweiz-EU anlässlich der Medienkonferenz des Bundesrates vom 5. Dezember 2025.

Medienkonferenz des Bundesrates: Ergebnisse der Vernehmlassung zum Paket Schweiz–Europäische Union.

Madames und Messieurs, sehr geehrte Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, Herr Direktor, Herr Vizedirektor, meine Damen und Herren, ich heisse Sie willkommen zur heutigen Medienkonferenz des Bundesrates.

Diese Medienkonferenz ist dem Ergebnis der Vernehmlassung zum Paket Schweiz–Europäische Union gewidmet.

Zu diesem Thema begrüsse ich neben Bundesrat Ignazio Cassis Herrn Alexandre Fasel, Staatssekretär im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten, Frau Hélène Budliger Artieda, Staatssekretärin und Direktorin des Staatssekretariats für Wirtschaft, Herrn Vincenzo Mascioli, Staatssekretär für Migration, Herrn Benoît Revaz, Direktor des Bundesamtes für Energie, und Herrn Michael Beer, stellvertretender Direktor des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen.

In der ersten Reihe sind zudem mehrere Expertinnen und Experten anwesend, die ich ebenfalls herzlich begrüsse, darunter Herr Patrick Franzen, Botschafter und Leiter der Europa-Abteilung im EDA sowie stellvertretender Staatssekretär, Herr Michael Schöll, Direktor des Bundesamtes für Justiz, Frau Silvia Stövinger, Vizedirektorin des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation, Herr Jean-Marc Chappuis, stellvertretender Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft, und Frau Sarah Doub, Delegierte für Europafragen im Staatssekretariat für Migration.

Fragen zur heutigen Sitzung des Bundesrates (Andere Themen)

Bevor wir zum eigentlichen Thema dieser Pressekonferenz übergehen, frage ich Sie: Gibt es Fragen zur heutigen Sitzung des Bundesrates

Herr Rauch, bitte. Herr Bundesrat Cassis, Sie waren gestern in Wien sehr diplomatisch. Nun sind Medienberichte erschienen, wonach Washington Ihnen ein Ultimatum gestellt haben soll. Es gehe um das OSZE-Budget, und die USA wünschten Reformen und wollten gewisse Instrumente im Bereich der Rechenschaftspflicht abschaffen. Wie konkret sieht dieses Ultimatum aus, und was bedeutet es für Ihre OSZE-Präsidentschaft? Es tut mir leid, Herr Rauch, aber dieses Thema steht heute nicht auf der Traktandenliste. Wir behandeln hier das EU-Paket, und damit hat sich der Bundesratheute nicht befasst. – Vielen Dank.

Herr Vincens, bitte. Ich habe eine Frage zu den Zöllen im Zusammenhang mit dem geplanten Zollabkommen mit den USA. Gab es dazu heute eine Diskussion im Bundesrat, und weiss man, wann die Zölle auf 15 Prozent sinken sollen? Ja, dazu kann ich tatsächlich etwas sagen. Es war ein Thema heute im Bundesrat – Sie haben es in der Medienmitteilung gesehen. Der Bundesrat hat das Verhandlungsmandat verabschiedet, das nun in den Kommissionen und bei den Kantonen konsultiert wird. Was das Inkrafttreten des 15-Prozent-Zollsatzes betrifft, gehen wir davon aus, dass dies noch in diesem Monat geschieht. Ein genaues Datum hat der Bundesrat jedoch nicht – wir erwarten in den nächsten Tagen Neuigkeiten dazu.

Herr Wiener, Herr Bundesrat, Sie haben sich öffentlich, soweit ich weiss, noch nie zur Absichtserklärung zwischen der Schweiz und den USA geäussert. Können Sie kurz sagen, was Sie als Aussenminister davon halten? Ja, der Bundesrathat heute dieses Verhandlungsmandat verabschiedet, und was ich davon halte, können Sie der Medienmitteilung entnehmen. Das ist die Position des Bundesrates. – Ja, Herr Rauch, bitte erneut.

Frau Staatssekretärin, ausser Landwirtschaft und Cybertrucks – was unterscheidet das erste vom zweiten Verhandlungsmandat? Und noch eine Frage: Sie haben in einem Interview gesagt, dass der neue Deal sechs Milliarden pro Jahr einsparen könnte. Haben Ihre Volkswirtschafter berechnet, was es der Schweiz bringt, wenn man gleichzeitig zweihundert Milliarden zahlen oder investieren muss, um sechs Milliarden jährlich zu sparen? Nach meiner Rechnung beträgt die Amortisationszeit 33 Jahre. Ist das ein guter Deal für die Schweiz, oder wäre es nicht sinnvoller gewesen, in wirtschaftlich guten Zeiten abzuwarten, die sechs Milliarden zu zahlen und neue Absatzmärkte zu erschliessen? Wir verweisen Sie hierzu auf die Medienmitteilung zu diesem Geschäft. Vielen Dank.

Politisches Vorgehen und Ergebnisse der Vernehmlassung zum EU-Paket

Wenn es keine weiteren Fragen zur heutigen Sitzung des Bundesrates gibt, kommen wir nun zum eigentlichen Thema der Pressekonferenz.

Sehr geehrte Stellvertretende Bundeskanzlerin, sehr geehrte Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, geschätzte Mitarbeitende, sehr geehrte Medienschaffende, wir knüpfen heute an die Arbeiten am Paket an, das darauf abzielt, die Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union zu stabilisieren und weiterzuentwickeln. Am 13. Juni dieses Jahres hat der Bundesrat die Vernehmlassung eröffnet. Diese dauerte bis Ende Oktober. Die Ergebnisse, zusammen mit den erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen mit der EU vom Dezember 2024 und den Umsetzungsarbeiten im ersten Halbjahr 2025, wurden an der Sitzung vom 19. November zur Kenntnis genommen. Aufgrund der eingegangenen Rückmeldungen hat der Bundesrat entschieden, den beteiligten Departementen klare Vorgaben zur Anpassung des Pakets zu geben. An seiner heutigen Sitzung hat der Bundesrat nun den grössten Teil der notwendigen Anpassungen beschlossen, um die Botschaft an das Parlament fertigzustellen. Diese wird bis im Frühjahr 2026 dem Parlament vorgelegt. Damit treten wir in die Schlussphase der Regierungsarbeit ein. Das Ziel ist klar: Wir wollen dem Parlament eine Botschaft unterbreiten, die die Interessen der Schweiz wahrt, unsere Handlungsfähigkeit stärkt und langfristig stabile und verlässliche Beziehungen zu unserem wichtigsten europäischen Partner sichert.

Diese Etappe ist wichtig, denn mit der Eröffnung der Vernehmlassung am 13. Juni hat sich der Bundesrat bewusst auf das Land eingelassen – die Kantone, die Parteien, die Sozialpartner, die wirtschaftlichen Akteure, die Institutionen. Insgesamt wurden 318 Stellungnahmen eingereicht: 43 von ständigen Teilnehmenden wie Kantonsregierungen, Parteien, Wirtschafts- und Gemeindeverbänden; 115 weitere Beiträge von interessierten Kreisen; 160 von Akteuren, die nicht formell eingeladen waren ; und zusätzlich über 1058 individuelle Stellungnahmen von Privatpersonen. Der Zwischenbericht zur Vernehmlassung ist ab heute online beim EDA einsehbar, und sämtliche Stellungnahmen sind seit dem 20. November 2025 auf der Website der Bundeskanzlei publiziert. Der Schlussbericht wird zusammen mit der Botschaft bis Frühjahr 2026 veröffentlicht. Transparenz ist in diesem Dossier entscheidend. Alle mit den Verhandlungen verbundenen Dokumente wurden veröffentlicht und mit Informationsblättern und Videos ergänzt, damit sich die Bevölkerung ein Bild machen kann. Vertrauen in einer Demokratie basiert auf Klarheit – und Klarheit setzt Fakten voraus.

Politische Einschätzung und Unterstützungszahlen

Nun komme ich zur politischen Einschätzung. Der Bundesrat stellt fest, dass eine breite Mehrheit – 74 Prozent – das Paket Schweiz–EU insgesamt unterstützt. Der bilaterale Weg bleibt die eindeutig bevorzugte Lösung, mit über 96 Prozent Zustimmung. Im Vergleich zu den anderen Optionen – nichts tun, reiner Freihandel, EWR-Beitritt oder gar EU-Beitritt – geniesst der bilaterale Ansatz klar die höchste Unterstützung. Für den Bundesrat bleibt der bilaterale Weg mit der EU eine massgeschneiderte Lösung für die Schweiz, die unsere politische Identität wahrt und gleichzeitig unsere wirtschaftliche Offenheit sichert. Dieses Paket erlaubt uns, diesen Weg fortzusetzen, unsere Sicherheit zu stärken, unseren Wohlstand zu festigen und unseren jungen Menschen wie unseren Unternehmen verlässliche Perspektiven zu bieten.

Nun zum Paket selbst: Die Verhandlungsergebnisse werden von 76 Prozent positiv bewertet. Die einzelnen Komponenten erhalten mehrheitlich Unterstützung, mit gewissen Nuancen je nach Thema. Bei der innerstaatlichen Umsetzung wurden zahlreiche Klärungs- und Anpassungswünsche formuliert. Diese wurden sorgfältig geprüft, und der Bundesrat hat Anpassungen in zehn Bereichen beschlossen, die nun in die Botschaft eingearbeitet werden.

Institutionelle Elemente: Anpassungen bei Transparenz und Mitwirkung

Die institutionellen Elemente, insbesondere die dynamische Rechtsübernahme, das vorgelagerte Decision Shaping, die Streitbeilegung und die Ausgleichsmassnahmen, sollen durch grösstmögliche Transparenz und klar definierte innerstaatliche Prozesse untermauert werden. Der Bundesrat unterscheidet dabei klar zwischen der Mitwirkung der Kantone, derjenigen des Parlaments und der breiten Öffentlichkeit.

Kantone Für die Kantone wird eine neue Vereinbarung zwischen Bund und Kantonen ausgearbeitet, wofür im Mitwirkungsgesetz ein neuer Artikel 5a geschaffen wird.

Parlament In Bezug auf das Parlament schlägt der Bundesrat vor, einen neuen Artikel 152a des Parlamentsgesetzeszu schaffen, um die Informations- und Konsultationsprozesse im Rahmen des Decision Shaping speziell zu regeln. Dabei sollen die für die Aussenpolitik zuständigen Kommissionen sowie zusätzlich jene Kommissionen einbezogen werden, die für die Inhalte der einzelnen Abkommen zuständig sind. Zudem will der Bundesrat die Mitwirkung des Parlaments bei der dynamischen Rechtsübernahme, bei der Streitbeilegung und bei allfälligen Ausgleichsmassnahmen sicherstellen. Grundlage dafür bleibt Artikel 152 des Parlamentsgesetzes, dessen Modalitäten in einer Weisung des Bundesrateskonkretisiert werden. Diese Weisung wird parallel zur parlamentarischen Beratung des Pakets in enger Abstimmung mit den Ratspräsidien, den Kommissionen und den Parlamentsdiensten entwickelt. Schliesslich ist vorgesehen, dass der Bundesrat dem Parlament einmal pro Legislaturperiode im Rahmen des Europaberichts ein Monitoring über die Funktionsweise der institutionellen Elemente vorlegt. Auch dafür wird eine neue gesetzliche Grundlage im Parlamentsgesetz geschaffen.

Öffentlichkeit (Transparenz) Für die breite Öffentlichkeit plant der Bundesrat ebenfalls Massnahmen zur Verbesserung der Transparenz: Erstens sollen sämtliche relevanten EU-Dokumente, die für das Decision Shaping wichtig sind, zentral veröffentlicht werden. Zweitens sollen die ständigen Teilnehmenden an Vernehmlassungsverfahren sowie weitere betroffene Kreise aktiv über neue EU-Dokumente informiert werden, damit sie frühzeitig reagieren und sich einbringen können. Diese Massnahmen erfordern eine Ergänzung des Regierungs- und VerwaltungsorganisationsgesetzesStaatssekretär Fasel erläutert diese Schritte mit dem Hinweis, dass sie eine direkte Reaktion auf die Vernehmlassung seien, in der oft zusätzliche Mitsprache- und Transparenzbedürfnisse angemeldet worden waren.

Personenfreizügigkeit und Schutzklausel (FZA)

Anschliessend ergreift Staatssekretär Mascioli das Wort und berichtet über die Rückmeldungen zur Personenfreizügigkeit. Zahlreiche Stellungnahmen seien eingegangen, und eine deutliche Mehrheit befürworte das aktualisierte Freizügigkeitsabkommen (FZA). Die Teilübernahme der Unionsbürgerrichtlinie sowie die konkretisierte Schutzklausel würden grundsätzlich als positiv betrachtet. Ein entscheidender Punkt für die Zustimmung sei, dass die Schweiz bei der Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie eine wichtige Ausnahme verhandeln konnte: Das Daueraufenthaltsrecht soll nur für Erwerbstätige gelten, während es im EU-Recht nach fünf Jahren rechtmässigen Aufenthalts unabhängig vom Erwerbsstatus gilt.

Die Schutzklausel selbst ist jedoch wesentlich umstrittener als die restliche Aktualisierung des FZA. Nahezu hundert Stellungnahmen äusserten sich dazu. Zwar begrüssen viele Akteure die Schutzklausel, darunter 15 von 18 Kantonen, die sich explizit geäussert haben, doch gibt es auch deutliche kritische und ablehnende Stimmen – sowohl von rechts wie auch von links. Die Zustimmung ist am höchsten in der politischen Mitte, während die Ränder die Klausel je aus unterschiedlichen Gründen kritisieren.

Aufgrund dieser Rückmeldungen beschliesst der Bundesrat mehrere Anpassungen im Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG). Der Einbezug der Kantone soll noch stärker verankert werden, insbesondere bei der Festlegung von Schutzmassnahmen. Neu sollen nicht nur die nationalen, sondern auch die kantonalen Sozialpartnerkonsultiert werden, wenn regionale Schutzmassnahmen erwogen werden. Zudem wird die gesetzliche Grundlage für das Daueraufenthaltsrecht klarer formuliert. Während das Abkommen eine «Kann»-Bestimmung enthält, will der Bundesrat im Gesetz ausdrücklich festschreiben, dass der Daueraufenthalt auf Erwerbstätige und deren Familienangehörige beschränkt wird. Dies soll Rechtssicherheit schaffen und jede spätere Interpretation ausschliessen. Der Bundesrat regelt zudem neu die Aufenthaltsdauer von Selbständigerwerbenden nach Aufgabe ihrer Tätigkeit und stellt sicher, dass auch selbständige Personen mit Wohnsitz im Ausland, die bis zu drei Monate Dienstleistungen in der Schweiz erbringen, der Meldepflicht unterliegen.

Monitoring- und Entscheidkonzept zur Schutzklausel

Mascioli erläutert anschliessend das Monitoring- und Entscheidkonzept zur Schutzklausel. Vier Kernindikatoren sind gesetzlich vorgesehen: die Nettozuwanderung aus der EU, die Zahl der beschäftigten Grenzgängerinnen und Grenzgänger, die Arbeitslosigkeit und der Sozialhilfebezug. Zu diesen Indikatoren werden Schwellenwerte in der Verordnung festgelegt. Wenn einer dieser Werte überschritten wird, muss der Bundesrat die Aktivierung der Schutzklausel prüfen. Darüber hinaus sieht das Gesetz weitere Bereiche vor, die zur Auslösung der Schutzklausel führen können. Auf Basis der Vernehmlassung und der fachlichen Arbeiten wurden nun drei solcher zusätzlichen Indikatorendefiniert: erstens die Leerwohnungsziffer im Wohnungswesen, zweitens die Staustunden im Verkehrsbereich und drittens die Lohnentwicklung. Diese zusätzlichen Indikatoren haben Warnsignal-Charakter. Werden darin Auffälligkeiten sichtbar, erfolgt eine vertiefte Analyse, um zu klären, ob schwerwiegende Probleme vorliegen und ob diese tatsächlich auf die EU-Zuwanderung zurückzuführen sind. Die Überprüfung erfolgt grundsätzlich einmal pro Jahr, kann jedoch jederzeit durchgeführt werden, wenn sich relevante Entwicklungen abzeichnen. Kantone haben ein formelles Antragsrecht und können eine Prüfung jederzeit verlangen.

Einordnungen zu Daueraufenthaltsrecht und Familiennachzug

Mascioli liefert zusätzlich wichtige Einordnungen zu Daueraufenthaltsrecht und Familiennachzug. Er betont, dass das Daueraufenthaltsrecht die Zuwanderung in die Schweiz nicht erleichtert. Zwar würden nach Einführung des aktualisierten FZA viele Personen theoretisch anspruchsberechtigt sein, aber diese Personen seien dann ohnehin bereits seit fünf Jahren in der Schweiz wohnhaft und verfügten bereits über eine B- oder C-Bewilligung. Heute besitzen schon fast eine Million EU-Bürgerinnen und -Bürger in der Schweiz eine C-Bewilligung. Eine leichte Zunahme der Sozialhilfequote sei nicht ausgeschlossen, aber sie bleibe begrenzt. Mascioli verweist auf eine Studie, die aufgrund der Änderungen im FZA, beim Familiennachzug und beim Sozialhilferecht eine Zunahme von 3000 bis 4000 Personen in der Sozialhilfe erwartet – ein Anstieg um rund 1,1 bis 1,5 Prozent. Der frühestmögliche Zeitpunkt, zu dem erstmals ein Daueraufenthaltsrecht erteilt werden könnte, sei 2035. Dies ergibt sich aus dem voraussichtlichen Abstimmungstermin 2027, dem Inkrafttreten 2028 und einer zweijährigen Übergangsfrist, bevor die fünfjährige Aufenthaltsdauer zu laufen beginnt. Auch beim Familiennachzug erwartet der Bundesrat keine substanziellen Änderungen in den Fallzahlen. Der erleichterte Familiennachzug für weitere Angehörige bleibe ein Ermessensentscheid der Behörden – wie bereits heute. Der erleichterte Zugang gelte, aber die Hürden änderten sich faktisch kaum.

Aktuelle Zuwanderungszahlen Zum Schluss verweist Mascioli auf die aktuellen Zuwanderungszahlen: Die Nettozuwanderung aus der EU ist im laufenden Jahr bis Ende Oktober um rund 4000 Personen bzw. 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken, nachdem sie bereits im Vorjahr um 20 Prozent zurückgegangen war. Dies zeige den engen Zusammenhang zwischen Zuwanderung und wirtschaftlicher Lage in der Schweiz. Nach zwei Jahren starken Wachstums habe sich der Arbeitsmarkt seit Frühling 2024 beruhigt, und aktuell sei eine wirtschaftliche Abkühlung sichtbar. Nach 0,2 Prozent BIP-Wachstum im zweiten Quartal 2025 sei das BIP im dritten Quartal um 0,5 Prozent zurückgegangen.

Lohnschutz und Staatliche Beihilfen

Anschliessend berichtet Staatssekretärin Budliger Artieda über die Ergebnisse zur Lohnschutzregelung und zu den Staatlichen Beihilfen. Sie erklärt, dass die Kombination aus dem Verhandlungsergebnis mit der EU und den nationalen Begleitmassnahmen zum Lohnschutz von einer grossen Mehrheit unterstützt werde. Die Massnahmen 1 bis 13 würden als Gesamtpaket verstanden, das geschlossen verabschiedet werden solle.

Massnahme 14 (innerbetriebliche Sozialpartnerschaft) Rund 80 Prozent der Stellungnahmen seien befürwortend, allerdings gebe es einen gewichtigen Vorbehalt: Massnahme 14, welche die innerbetriebliche Sozialpartnerschaft stärkt, werde überwiegend abgelehnt. Kritiker bemängeln fehlenden Zusammenhang mit dem EU-Paket sowie mögliche Einschränkungen des liberalen Arbeitsmarktes. Befürworter betrachten Massnahme 14 hingegen als wesentlich, auch im Kontext der Verpflichtungen der Schweiz gegenüber der Internationalen Arbeitsorganisation IAO. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung beschlossen, an Massnahme 14 festzuhalten, um das Gleichgewicht des Lohnschutzpakets zu gewährleisten und internationale Verpflichtungen einzuhalten. Das WBF wird beauftragt, Gespräche mit den Sozialpartnern fortzusetzen, um bis Mitte Januar eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Staatliche Beihilfen Zu den Staatlichen Beihilfen erläutert Budliger Artieda, dass die Mehrheit der Kantone und Parteien das vorgeschlagene Überwachungssystem unterstützt und insbesondere begrüsst, dass die gemeinsam mit den Kantonen entwickelte Struktur der Aufsichtsbehörde beibehalten wird.

Stromabkommen: Wasserkraft und Grundversorgung

Anschliessend spricht Benoît Revaz, Direktor des Bundesamtes für Energie, über das Stromabkommen. Er erklärt, dass die Verhandlungsergebnisse in der Vernehmlassung von einer klaren Mehrheit unterstützt wurden. Über 183 Stellungnahmen seien eingegangen, und mehr als drei Viertel der Teilnehmenden hätten das Resultat begrüsst. Viele betonten, wie wichtig das Abkommen für die Versorgungssicherheit und die Netzstabilität sei. Gleichzeitig sei die geplante nationale Umsetzung in vielen Punkten kritisiert worden, weshalb zahlreiche Präzisierungen und Anpassungen notwendig geworden seien.

Wasserkraft Ein zentraler Punkt betrifft die Nutzung der Wasserkraft. Mehrere Bergkantone hätten nachdrücklich zusätzliche Rechtssicherheit gefordert, insbesondere in Bezug auf die Konzessionsvergabe, das Heimfallrecht und die WasserzinsenRevaz betont, dass das Stromabkommen keine Pflicht enthalte, die Konzessionsverfahren oder deren Inhalt zu regeln oder einzuschränken. Weder die EU-Konzessionsrichtlinie noch die EU-Wasserrahmenrichtlinie fielen in den Geltungsbereich des Abkommens. Dieser Geltungsbereich sei im Vertrag klar festgelegt, und die dynamische Rechtsübernahme sei auf diesen Bereich beschränkt. Die EU teile diese Interpretation ausdrücklich. Sollte es in Zukunft jedoch zu EU-Rechtsentwicklungen kommen, die Forderungen an die Schweiz betreffend Wasserkraftkonzessionenbeinhalten, wäre dies eine wesentliche Weiterentwicklung des Abkommens und würde die Zustimmung der Schweiz erfordern. Der Bundesrat habe entschieden, sich einer solchen Entwicklung zu widersetzen, selbst wenn dies Ausgleichsmassnahmen der EU auslösen könnte. Dieses Bekenntnis werde in der Botschaft festgehalten.

Grundversorgung Weitere Anpassungen betreffen die Grundversorgung. In der Vernehmlassung sei kritisiert worden, dass die vorgeschlagenen Vorgaben zu restriktiv seien. Der Bundesrat beschliesst daher, die Regulierung zu vereinfachen, aber gleichzeitig den Konsumentenschutz sicherzustellen. Die Tarife in der Grundversorgung sollen weiterhin auf den Gestehungskosten beruhen. Verpflichtende Mindestanteile bei der Eigenproduktion oder bestimmte Vorgaben für Langfristbeschaffungen werden gestrichen, um Wettbewerbsgleichheit herzustellen und komplexe Vorgaben zu vermeiden. Zudem wird das Departement beauftragt zu prüfen, ob der Schwellenwert von 50 MegawattstundenJahresverbrauch, der Unternehmen den Verbleib in der Grundversorgung erlaubt, noch sinnvoll ausgestaltet ist. Ziel sei es, stromintensive kleine und mittlere Unternehmen nicht unnötig in den freien Markt zu drängen.

Mindestvergütung Photovoltaikanlagen Zur Mindestvergütung bei Photovoltaikanlagen erklärt Revaz weiter, dass die vorgesehenen Änderungen nicht durch das Abkommen erzwungen würden, sondern aus der Logik der Marktöffnung resultierten. Die bisherige Finanzierung über die Grundversorgung sei bei geöffnetem Markt nicht mehr tragfähig. Ein alternativer Mechanismus über den Netzzuschlag sei geprüft worden, aber als unzweckmässig und potenziell kontraproduktiv für die Energiewende beurteilt worden. Daher halte der Bundesrat an der Streichung fest, nach einer Übergangsfrist von drei Jahren.

Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit

Danach folgt der Beitrag des stellvertretenden Direktors des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen. Er erläutert, dass das bestehende Landwirtschaftsabkommen stabilisiert und um ein Protokoll zur Lebensmittelsicherheit erweitert wird. Dieses erstrecke sich nun auf die gesamte Lebensmittelkette und umfasse neben tierischen erstmals auch pflanzliche Produkte. Etwa zwei Drittel der Stellungnahmen hätten sich positiv geäussert, sowohl zur Stabilisierung des Agrarteils als auch zum Lebensmittelsicherheitsprotokoll. Der Bundesrat präzisiert nochmals klar, dass die agrarpolitische Autonomie sowie der Grenzschutz vollständig erhalten bleiben. Dies habe die EU zugesichert, und es werde in der Botschaft ausdrücklich festgehalten.

Im Bereich Lebensmittelsicherheit wird hervorgehoben, dass der Konsumentenschutz gestärkt und der Zugang zu EU-Schnellwarnsystemen verbessert werde. Der Marktzugang werde einfacher, da nichttarifäre Handelshemmnisse reduziert würden. Gleichzeitig bleibe das Schweizer Recht weitgehend kompatibel mit dem EU-Recht ; bereits heute entsprächen über 90 Prozent des Schweizer Lebensmittelrechts den EU-Vorschriften.

Kritische Rückmeldungen aus der Vernehmlassung betrafen unter anderem Befürchtungen um zusätzliche Kontrollen durch die EU. Hier stellt der Bundesrat klar, dass weiterhin ausschliesslich die kantonalen Vollzugsbehörden Betriebe kontrollieren. Die EU könne lediglich Systemaudits durchführen, aber keine Betriebsinspektionen. Weiter wurden Befürchtungen geäussert, traditionelle Produktionsformen wie Hofläden, Dorfanlässe oder Märkte würden durch EU-Hygienevorschriften eingeschränkt. Auch hier könne Entwarnung gegeben werden: Die geltenden Schweizer Standards bleiben bestehen, und an der Praxis ändere sich faktisch nichts. Der Tierschutz bleibe ebenfalls auf dem bisherigen Niveau, einschliesslich des Verbots des Schlachtens ohne Betäubung. Der Bundesrat werde dies in der Botschaft ausdrücklich erläutern. Der Gesamtton ist: Der Agrar- und Lebensmittelsicherheitsbereich erfährt substanzielle Vereinfachungen und Verbesserungen ohne Eingriffe in die Souveränität ; viele Punkte seien Missverständnisse, die nun kommunikativ geklärt würden.

Zusammenfassung und strategische Einordnung

Anschliessend erhält Bundesrat Cassis wieder das Wort und fasst zusammen, dass die Departemente nun den Auftrag erhalten haben, alle erwähnten Anpassungen in die Botschaft einzuarbeiten, die bis Frühjahr 2026 dem Parlament vorgelegt wird.

Cassis erlaubt sich einige grundsätzliche Bemerkungen: Politik sei immer auch eine Frage der Geographie, und die Schweiz sei nun einmal ein europäisches Land. Wohlstand, Sicherheit und Stabilität hingen in erster Linie von den Beziehungen zu den Nachbarstaaten und zur EU ab. Zwar seien auch die USA und China bedeutende Partner, aber die wirtschaftliche Bedeutung liege eindeutig bei Europa. Allein im Warenhandel erreichten die bilateralen Handelsströme mit der EU rund 300 Milliarden Franken jährlich. Das entspreche fast dem Zehnfachen des Handelsvolumens mit China und dem Fünffachen jenes mit den USA. Daher sei die Stabilisierung der Beziehungen zur EU keine optionale Übung, sondern eine strategische Notwendigkeit.

Journalistenrunde: Begriffsdefinitionen und politische Abgrenzung

Es folgte eine Journalistenrunde, in der zunächst gefragt wurde, weshalb der Bundesrat nun plötzlich den Begriff «Bilaterale III» verwende, obwohl er diesen bisher vermieden habe. Cassis erläutert, dass der Titel des Pakets bewusst sachlich gewählt sei, aber viele Vernehmlassungsteilnehmende – darunter auch FDP und Mitte als Regierungsparteien – ausdrücklich verlangt hätten, dass der geläufige Begriff «Bilaterale III» ergänzt werde, um Missverständnisse zu vermeiden. Da beide Begriffe dasselbe bedeuten, habe der Bundesrat entschieden, die Bezeichnung «Bilaterale III» in Klammern dem offiziellen Titel hinzuzufügen. Auf die Frage, ob dies nicht reines Framing sei, um das Paket besser verkaufbar zu machen, antwortet Cassis knapp, dass es um Klarheit gehe, nicht um Marketing.

Ein Journalist weist darauf hin, dass die Unterstützungszahlen im Zwischenbericht zwar hoch seien, aber die Ablehnungen gering, weil jede Stellungnahme gleich gewertet worden sei – eine NGO wie Operation Libero also gleich viel Gewicht habe wie die SVP oder der Kanton Zürich. Der Chefunterhändler erläutert daraufhin ausführlich die Methodik der Vernehmlassung: Zwar würden alle Stellungnahmen numerisch gleich gezählt, aber in der inhaltlichen Auswertung werde selbstverständlich unterschieden, wer sich geäussert habe und welche institutionelle Bedeutung eine Stellungnahme habe. Die Prozentzahlen seien nur eine Übersicht; die Gewichtung ergebe sich im schriftlichen Bericht.

Darauf folgt eine Frage an Staatssekretär Mascioli, weshalb der Bundesrat den Wunsch der Kantone ablehne, allfällige Mehrkosten der Sozialhilfe als Folge des neuen FZA zentral zu übernehmen. Mascioli antwortet, dass der Bundesratgegenüber der Vernehmlassungsvorlage keine Anpassung vornehme und die Kantone weiterhin selbst für die Finanzierung der Sozialhilfe zuständig seien.

Dann folgt eine Frage, ob der Begriff «Bilaterale III» nicht ein Etikettenschwindel sei, da die bisherigen Bilateralen keinen Mechanismus der dynamischen Rechtsübernahme gekannt hätten. Cassis widerspricht und erklärt, sowohl Bilaterale I als auch Bilaterale II seien völkerrechtliche Verträge gewesen, die institutionelle Elemente enthielten. Schengen/Dublin sei sogar weiter gegangen als das neue institutionelle Paket. Die Bezeichnung sei deshalb kohärent und korrekt.

Auf eine weitere Frage, ob das WBF mit seiner Medienmitteilung zum Verhandlungspaket mit den USA ein Zeichen gegen innenpolitische Gegner setze, insbesondere gegen Alfred Gantner, der die USA-Abkommen gegen das EU-Paket ausspiele, antwortet Budliger Artieda, dass es nicht Aufgabe des Bundesrates sei, auf einzelne politische Akteure zu zielen. Die Medienmitteilung spiegle lediglich die aussenpolitische Grundhaltung wider, nach der beide Beziehungen – jene zur EU und jene zu den USA – wichtig seien und sich nicht gegenseitig ausschliessen. Cassis ergänzt, die Schweiz befinde sich zwischen drei grossen Partnern (EU, USA, China), und man müsse mit allen sorgfältig umgehen.

Darauf angesprochen, dass an der FDP-Veranstaltung im Kanton Schwyz angeblich Falschinformationen verbreitet worden seien, erklärt Staatssekretär Fasel, er habe an der Podiumsveranstaltung lediglich den Kontext des Pakets erläutert und auf gestellte Fragen geantwortet. Die Veranstaltung sei aufgezeichnet und öffentlich einsehbar; jeder könne sich selbst ein Bild machen.

Detailfragen zum Stromabkommen und Monitoring

Eine Journalistin stellt eine Frage zur Strommarktöffnung und zur Grundversorgungsschwelle. Sie verweist auf die Medienmitteilung, wonach das UVEK bis Ende Januar Vorschläge erarbeiten soll, wie auch stromintensive kleine Unternehmen weiterhin in der Grundversorgung bleiben können. Sie möchte wissen, wie solche KMU definiert werden sollen und ob der Schwellenwert erneut verändert werde. Revaz erklärt, dass die EU keine Schwelle in Megawattstunden kenne ; dort richte sich die Einteilung nach der Unternehmensgrösse beziehungsweise dem Umsatz. Die Schweizer Schwelle müsse jedoch EU-kompatibel sein. Hundert Megawattstunden seien zweifellos zu hoch, fünfzig Megawattstunden lägen im Bereich dessen, was europarechtlich zulässig sei. Dennoch wolle man zusätzliche Daten erheben, um zu prüfen, ob für gewisse stromintensive kleine Unternehmen ein Verbleib in der Grundversorgungmöglich sein solle. Wie viele Unternehmen betroffen seien oder welcher Wert am Ende stehen werde, könne noch nicht gesagt werden.

Es folgt eine Frage an Bundesrat Cassis zum Monitoring der institutionellen Elemente. Ein Journalist möchte wissen, welche Möglichkeiten das Parlament habe, falls die periodische Überprüfung der institutionellen Mechanismen ein negatives Bild ergebe. Cassis antwortet, das Parlament habe immer die Möglichkeit, bei Verträgen politische Konsequenzen zu beschliessen, auch bei den neuen Abkommen. Die Einführung eines systematischen Monitorings sei auf Wunsch des Parlaments erfolgt. Damit wolle man sicherstellen, dass die Wirkungen der institutionellen Bestimmungen transparent und nachvollziehbar seien. Die Kantone würden über eine neue Vereinbarung ebenfalls eng einbezogen. Der Journalist fragt nach, ob damit nicht die Tür zu einem späteren Ausstieg geöffnet werde. Cassisentgegnet, das Parlament habe diese Tür immer ; der Bundesrat lege lediglich Wert auf strukturiertes Beobachten und Dokumentieren.

Darauf folgt eine Frage aus der Romandie, weshalb der Bundesrat auf Wunsch einiger Parteien den Begriff «Bilaterale III» übernehme, während er andere Wünsche – etwa jene der SVP – nicht berücksichtige. Cassis antwortet, es gehe um Transparenz. Der Begriff «Bilaterale III» werde in vielen Stellungnahmen verwendet, auch von Akteuren, die kritisch seien. Es sei wichtig, Missverständnisse zu vermeiden und klarzustellen, dass Paket und Bilaterale III dasselbe meinen.

Eine Journalistin fragt Herrn Revaz, ob er angesichts der Anpassungen beim Stromabkommen nun davon ausgehe, dass die Strombranche das Paket geschlossen unterstütze. Revaz entgegnet, dass die Strombranche sehr heterogen sei, mit mehreren Hundert Akteuren, die unterschiedliche Rollen hätten – Verteilnetzbetreiber, Produzenten, gemischte Unternehmen. Entsprechend vielfältig seien auch die Positionen; ob die Branche geschlossen unterstütze, könne er nicht voraussagen.

Eine weitere Frage gilt der politischen Bewertung: Zahlreiche Stellungnehmende hätten das Paket zwar unterstützt, aber Bedingungen formuliert oder wesentliche Vorbehalte geäussert. Ein Journalist fragt, ob Cassis befürchte, dass diese Vorbehalte das Paket im parlamentarischen Prozess untergraben könnten. Cassis antwortet, das sei immer so nach einer Vernehmlassung. Die Aufgabe des Bundesrates sei es, die Anliegen zu lesen, zu verstehen und dort Anpassungen vorzunehmen, wo sie breit abgestützt seien und sachlich begründet werden könnten. Der Bundesrat wolle ein Paket vorlegen, das politisch tragfähig sei, ohne dabei die Substanz zu verlieren. Man müsse eine Balance finden, denn es handle sich um ein sehr breites Paket – von Strom über Lebensmittel bis zu Studiengebühren. Gerade diese Breite sei aber ein Vorteil: Man habe mehrere Elemente, mit denen sich politisch Mehrheiten organisieren liessen. Cassis erinnert an das Jahr 2022, als der Bundesrat entschieden habe, mehrere Dossiers in einem Paket zu bündeln, um stärker verhandeln zu können. Jetzt zeige sich dieser Ansatz als hilfreich. Damit schliesst die formelle Pressekonferenz, und der Bundesratdankt den Anwesenden.

Weitere Detailfragen und Präzisierungen

Darauf folgen weitere Nachfragen, zunächst zur Unterscheidung «anwendbares Recht der EU» im Stromabkommen. Eine Journalistin zitiert die Vertragspassage, in der steht, dass die Schweiz weiterhin die Bedingungen für die Nutzung ihrer Energieressourcen festlegen könne, «unter Vorbehalt des anwendbaren Elektrizitätsrechts der EU». Sie fragt, warum der Bundesrat dies nicht explizit aus dem Vertrag entfernt habe, wenn doch die EU-Konzessionsrichtlinie und die Wasserrahmenrichtlinie keinesfalls gelten sollen.

Patrick Franzen, der Chefunterhändler, erklärt, dass das anwendbare Recht klar definiert sei durch die in den Anhängen des Abkommens aufgelisteten EU-Rechtsakte. Nur diese seien dynamisch zu übernehmen. Die besagten Richtlinien stünden nicht im Anhang, daher seien sie nicht anwendbar. Weder dynamisch noch statisch könnten sie später in den Geltungsbereich «hineininterpretiert» werden. Die Generalklausel von Artikel 2 werde durch die Listen in den Anhängen präzisiert und eingegrenzt. Änderungen des Geltungsbereichs seien nur durch eine formelle Weiterentwicklung mit vorgängiger Zustimmung beider Seiten möglich. Revaz und Franzen betonen mehrfach, dass die heutige Praxis der Kantone bei der Vergabe von Wasserkraftkonzessionen durch das Abkommen nicht berührt werde. Cassis ergänzt, dass die Frage für die Bergkantone zentral sei und man deshalb mit der EU ein gemeinsames «Wording der Leseart» abgestimmt habe. Der Journalist fragt weiter, weshalb man diese Klarstellung nicht in den Vertragstext geschrieben habe. Franzen erklärt, dass der Vertrag den Anwendungsbereich klar definiere und dass eine Aufzählung nicht aufgelisteter EU-Rechtsakte nicht üblich sei. Die Liste der anwendbaren EU-Richtlinien sei vollständig, und alles, was nicht dort stehe, gelte nicht. Ein Journalist fragt daraufhin, weshalb der Vertrag dann eine Generalklausel enthalte. Franzen wiederholt, dass die Generalklausel durch die Anhänge konkretisiert werde und keine zusätzlichen Rechtsakte impliziere.

Es folgt eine Frage zur Möglichkeit, die vier Bundesbeschlüsse des Pakets zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Bevölkerung vorzulegen. Ein Journalist möchte wissen, ob es rechtlich möglich sei, zunächst über den Stabilisierungsteil und später über die Weiterentwicklung (Strom, Lebensmittelsicherheit, Gesundheit) abstimmen zu lassen. Cassisantwortet, dass dies theoretisch möglich wäre, der Bundesrat aber entschieden habe – und noch ausdrücklich entscheiden werde –, dass alle vier Beschlüsse am gleichen Abstimmungstermin vorgelegt werden. Dies sei eine demokratiepolitische Überlegung: Die Vorlage sei als Paket gedacht, und man wolle nicht künstlich trennen, was zusammengehöre. Er betont, dass im Frühjahr 2026 mit der parlamentarischen Beratung gerechnet werde und eine Abstimmung im Juni 2027 möglich sei, sofern das Parlament nicht zu lange diskutiere. Bei längerer Beratung würde die Abstimmung erst nach 2027 stattfinden können.

Es folgt eine provokative Frage zur Verfassung: Ein Journalist verweist auf Artikel 121a Absatz 4, der verbietet, Abkommen zu unterzeichnen, die die Zuwanderung erhöhen. Der Bundesrat habe selbst eingeräumt, dass es durch das aktualisierte FZA zu einer leichten Erhöhung der Zuwanderung kommen könne. Er fragt, weshalb der Bundesrat nicht die Verfassung anpasse, statt sie zu umgehen. Mascioli antwortet, dass die Auswirkungen quantitativ klein seien und die Schwelle der Verfassungsbestimmung nicht verletzt werde. Es handle sich um eine Abwägung, die der Bundesrat bereits bei früheren Abkommen – etwa beim Freihandelsabkommen mit China – angewandt habe.

Nun stellt ein Journalist eine Frage zur Strommarktöffnung und möchte genauer wissen, wie der Bundesrat«stromintensive Kleinunternehmen» definieren wolle. Revaz wiederholt, dass eine abschliessende Beurteilung erst nach weiteren Datenerhebungen möglich sei. Die Frage, ob der Schwellenwert zwischen fünfzig und hundert Megawattstunden liegen solle, sei offen. Auf eine weitere Frage erläutert Revaz erneut, dass die EU keinerlei Harmonisierung im Bereich der Stromgrundversorgung verlange und die Schweiz hier Spielraum habe.

Eine Journalistin wendet sich an Cassis und möchte wissen, wie er persönlich das Resultat der Vernehmlassung beurteile – ob es besser oder schlechter sei als erwartet. Cassis antwortet, der Bundesrat werte das Ergebnis als gut und positivDrei Viertel der Stellungnehmenden hätten gesagt, das Paket sei gut. Diese Zahl sei politisch bedeutend und bestätige den eingeschlagenen Weg. Der Bundesrat sei nach Abschluss der Verhandlungen überzeugt gewesen, ein gutes Resultat erzielt zu haben, und die Vernehmlassung bestätige diesen Eindruck. Nun müsse man im innerstaatlichen Recht gewisse Anpassungen machen – wie heute entschieden –, und danach sei das Parlament am Zug.

Eine weitere Frage gilt der Lohnschutzmassnahme 14: Wie zuversichtlich sei der Bundesrat, dass Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite einen Kompromiss finden könnten? Budliger Artieda erklärt, dass der Dialog das zentrale Element sei. Beide Seiten hätten klare Positionen, aber es sei positiv, dass man sich wieder an den Tisch setze. Optimismus sei im Verhandlungswesen unverzichtbar, sagt sie, und sie sei optimistisch – «nicht nur mit der EU». Cassis ergänzt, dass die Sozialpartner die strategische Bedeutung des Pakets erkennen müssten und der Bundesrat überzeugt sei, dass am Ende eine tragfähige Lösung möglich sei.

Abschliessende Klärung zur Wasserkraft und zum Zeitplan

Ein Journalist richtet eine Frage an Herrn Revaz und möchte wissen, wie genau die angebliche Zusicherung der EU bezüglich Wasserkraftkonzessionen zustande gekommen sei und ob diese Zusicherung vor einem Schiedsgericht Bestand hätte. Revaz stellt klar, dass es sich nicht um eine «Zusicherung» im Sinne eines neuen Rechtsakts handle, sondern um ein gemeinsames Verständnis der Verhandlungsdelegationen, das während der Verhandlungen schriftlich abgestimmt worden sei. Der Vertrag enthalte keine Bestimmung, die die Konzessionsverfahren oder Wasserzinsenberühre. Die EU-Konzessionsrichtlinie und die EU-Wasserrahmenrichtlinie gehörten nicht zum Abkommensbereich und seien deshalb nicht dynamisch übernehmbar. Dieses gemeinsame Verständnis, so betont Revaz, sei von der EU bestätigt worden. Falls die EU künftig Rechtsentwicklungen vornehmen sollte, die in Richtung einer Einschränkung der kantonalen Kompetenzen bei der Wasserkraft gingen, so wäre dies eine wesentliche Weiterentwicklung des Abkommens, die die Schweiz ablehnen könne ; dies würde allenfalls Ausgleichsmassnahmen auslösen. Cassis ergänzt, dass der Bundesrat die heutige Praxis klar verteidigt habe und dass die Bergkantone diese Klarstellung besonders begrüsst hätten. Er betont erneut, dass einzig die im Anhang des Abkommens aufgeführten EU-Rechtsakte gelten und keine anderen.

Eine Journalistin fragt daraufhin, weshalb der Vertragstext einen Passus enthalte, wonach alles «unter Vorbehalt des anwendbaren Elektrizitätsrechts der EU» stehe. Franzen wiederholt ausführlich, dass mit «anwendbarem Recht» exakt das gemeint sei, was im Anhang gelistet sei. Diese Listen definierten abschliessend, welche EU-Rechtsakte gelten. Alles, was nicht aufgeführt sei, sei nicht anwendbar. Die Generalklausel werde durch die Präzision der Anhänge eingeschränkt, und kein Gericht könne daraus ungeschriebene zusätzliche Verpflichtungen ableiten. Franzen, Cassis und Revaz betonen mehrfach, dass es sich um eine Rechtsinterpretation handle, die zwischen den Verhandlungsdelegationen abgestimmt worden sei, und dass die Schweiz auf dieser Grundlage voll handlungsfähig bleibe.

Eine Journalistin fragt, ob der Bundesrat befürchte, dass die vielen Bedingungen, Vorbehalte und Kritikpunkte in den Stellungnahmen das Paket im Parlament gefährden könnten. Cassis antwortet, dies sei der normale politische Prozess. Eine Vernehmlassung diene dazu, Spannungsfelder sichtbar zu machen. Der Bundesrat habe nun Entscheidungen getroffen, wo die Mehrheit der relevanten Akteure eine Anpassung wünsche. Diese Änderungen würden die politische Tragfähigkeit stärken. Wo hingegen Anliegen zu heikel seien oder die Substanz des Pakets gefährdeten, habe der Bundesrat bewusst nicht nachgegeben. Die Aufgabe sei es, das Paket «mehrheitsfähig, aber nicht verwässert» ins Parlament zu bringen. Cassis betont, dass gerade die Breite des Pakets – von Strom bis Studiengebühren – politische Spielräume schaffe. Es sei von Anfang an Absicht gewesen, mehrere Dossiers zu bündeln, um eine übergreifende Lösung zu ermöglichen.

Eine weitere Frage gilt dem ZeitplanCassis erklärt, dass die Vernehmlassung abgeschlossen sei und der Bundesrat die nötigen Richtungsentscheide gefällt habe. Die Botschaft werde bis Frühjahr 2026 vorgelegt. Danach sei das Parlament am Zug. Falls das Parlament zügig arbeite, könne eine Abstimmung im Juni 2027 stattfinden. Bei längerer Beratung werde es später. Auf eine Frage zu Ausstiegsmöglichkeiten erklärt Cassis erneut, dass das Parlament immer das Recht habe, politische Konsequenzen zu ziehen, sowohl bei den neuen Abkommen als auch bei den alten. Das Monitoring der institutionellen Elemente diene der Transparenz, nicht der Vorbereitung eines Ausstiegs.

Es folgt eine Frage zum Zugang zum EU-Markt im Bildungsbereich. Eine Journalistin erinnert an die Diskussionen über Studiengebühren und fragt, ob der Bundesrat damit rechne, dass die Kantone trotz Kompensationen weiterhin kritisch seien. Cassis und Fasel erklären, dass der Bundesrat den Kantonen entgegengekommen sei, indem er eine vollständige Kompensation der Mindereinnahmen während vier Jahren beschlossen habe. Danach müsse die Diskussion zwischen Hochschulen, Kantonen und Bund wieder aufgenommen werden, aber der Einstieg werde politisch erleichtert.

Ein Journalist fragt, ob die Strombranche nun mehrheitlich hinter dem Paket stehe. Revaz antwortet, die Branche sei zu heterogen, um dies pauschal zu beantworten. Einige Akteure seien sehr zufrieden, andere weiterhin kritisch. Die vereinfachte Regulierung der Grundversorgung, der Verzicht auf zu restriktive Vorgaben und die Klärungen zur Wasserkraft würden jedoch viele Bedenken ausräumen.

Danach erfolgt eine abschliessende Frage einer Westschweizer Journalistin zur politischen Gesamtbewertung des Bundesrates: Ob die positiven Rückmeldungen aus der Vernehmlassung das Paket politisch stärker gemacht hätten. Cassis antwortet, dass drei Viertel der Stellungnehmenden das Paket als gut bezeichnet hätten und dass dies politisch sehr bedeutsam sei. Es bestätige, dass der Bundesrat mit dem Verhandlungsergebnis richtig gelegen habe. Zugleich zeige die Vernehmlassung klar, wo noch nachgebessert werden müsse. Der Bundesrat habe diese Punkte erkannt und entsprechende Anpassungen beschlossen. Nun sei das Parlament an der Reihe, und anschliessend werde das Volk entscheiden. Abschliessend betont Cassis nochmals, dass die Schweiz als kleines europäisches Land auf stabile Beziehungen zu ihren Nachbarn angewiesen sei. Wohlstand, Sicherheit und politische Handlungsfähigkeit hingen stark von der Beziehung zur EU ab. Zugleich seien die USA und China wichtig, aber in einer anderen Grössenordnung. Es gehe nicht um ein «Entweder-oder», sondern darum, die Beziehungen zu allen drei Partnern zu pflegen. Die Stabilisierung der Beziehungen zur EU sei jedoch keine Option, sondern eine strategische Notwendigkeit. Mit diesen Worten schliesst Cassis die Pressekonferenz. Die Bundeskanzlei bedankt sich bei den Anwesenden, und die Veranstaltung endet.